Viel größer hätte für die rund 260 Pilotinnen und Piloten des Schweizer Nationalen Automobil Bergrennen Oberhallau mit internationaler Beteiligung (24.-25.08.) der Unterschied der äußeren Bedingungen zwischen Trainings- und Renntag kaum ausfallen können. Herrschte bei den drei Übungsauffahrten noch Sonnenschein, der 30 Grad und mehr mit sich brachte, so sah die Sache am Sonntagmorgen völlig anders aus. Regen hatte über Nacht eingesetzt, das Thermometer hatte keinerlei Lust, wesentlich über 12 Grad hinaus zu klettern. Also für den pünktlich um 7:30 Uhr gestarteten ersten Rennlauf Regenreifen drauf und den Großteil der samstags gewonnen Erkenntnisse vorläufig hintangestellt. Vorläufig deshalb, weil die Wetterfrösche über ein Ende der Niederschläge ab etwa 10 Uhr quakten. Was auch tatsächlich eintraf. Zu einer spürbaren Erhöhung der Temperaturen konnten sie sich bei ihrem Frühschoppen aber nicht durchringen. Im zweiten Race-Heat präsentierte sich die 3-Kilometer-Piste in den Rebbergen des Klettgaues immerhin tauglich für Slicks, auch wenn es noch den einen oder anderen feuchten Fleck gab. Von Beginn an sorgten einige Vorfälle für zeitlichen Verzug. Nach dem heftigen Unfall von Joel Burgermeister entschied die Rennleitung, das Programm von drei auf zwei Heats zu reduzieren. Was den ausgeschriebenen Modus „die besten zwei Zeiten aus drei gefahrenen Rennläufen werden zum Ergebnis addiert“ überflüssig machte. So wurden alle die belohnt, die bei Nässe top unterwegs waren. Wer wegen der Ankündigung von Wetterbesserung seine Karten auf die zweite und dritte Auffahrt gesetzt hatte, dessen Taktik ging nicht auf.
Das wollen wir uns nun im Detail anschauen. Weil die Schweizer nach wie vor in den gewohnten Gruppen und Hubraumklassen fahren, können wir vom KW Berg-Cup uns wenigstens dieses eine Mal in der Saison langwieriges Umrechnen sparen. Also können wir uns von hier weg dem sportlichen Geschehen widmen.
Dieses Projekt starten wir mit der Gruppe A/F/CTC bis 1600 Kubikzentimeter. Robert Maslonka setzt mit seinem VW Polo G60 in beiden Läufen klare Bestzeiten, ist im Regen besonders flott unterwegs. Der Augsburger gewinnt mit großem Vorsprung. Hinter ihm geht es knapper zu. Denn zum Auftakt setzt Routinier Helmut Knoblich (Citroen C2) die zweitschnellste Marke knapp vor Ronny Hering im Gruppe 2 VW Scirocco. Die Differenz beträgt 48 Tausendstelsekunden. Im zweiten Run wendet Ronny das Blatt zu seinen Gunsten, fährt auf Rang zwei nach vorne und schiebt Helmut auf die Drei zurück. Auch Platz vier ist heiß umkämpft. Zwischen den zwei Citroen-C2-Piloten Dieter Altmann jun. und Robin Horn läuft ein brisantes Duell, das Dieter unter dem Strich mit einem Vorsprung von 42 Tausendsteln gewinnt.
Damit können wir uns schon dem NSU-Bergpokal zuwenden. Leopold Gast, Rookie und Youngster in Personalunion, hält als einziger Teilnehmer dessen Fahne hoch. Was den 21-jährigen Allgäuer aber nicht zum Bummeln verleitet, sondern zu einem neuen Klassenstreckenrekord. Diese werden in der Schweiz richtig hoch gehandelt, werden gehegt und gepflegt. Das stabile Reglement unterstützt diese Tradition. Im Programmheft steht unter NSU-Bergpokal 1:41,72, gefahren von Jannik Hofmann 2022. Nächstes Jahr wird an dieser Stelle hinter dem Namen Leopold Gast 1:37,814 genannt werden.
Betrachten wir nun die Klassen der gemeinsam gewerteten Gruppen H/FS/E1. Wir legen los mit deren 1400ern. In dieser Abteilung ist Tobias Mayer die Messlatte. Im VW Minichberger Scirocco 16V ist er weder auf nasser noch auf trockener Strecke angreifbar. Pro Kilometer nimmt der KW Berg-Cup Ravenol Youngster Wertungs-Sieger von 2022 seinen Mitbewerbern etwas mehr als eine Sekunde ab, gewinnt souverän. Um Platz zwei bewerben sich Ronnie Bucher (VW Schneider Corrado 16V) und Nils Abb mit seinem 8-Ventiler VW Schneider Polo. Schlussendlich ist Ronnie in beiden Race-Heats schneller unterwegs als Nils. Ronnie beendet sein Wochenende in der Schweiz als Zweiter, Nils als Dritter. Eng ist es zwischen dem Vierten und Fünften. Das sind in der Reihenfolge des Zieleinlaufes Walter Voigt mit seinem VW Weißdorn Polo Hayabusa und Markus Hülsmann im VW Golf 1 16V. Nils Abb nimmt den größten KW 8V-Trophy Pokal der 1,4-Liter-Klasse mit nach Hause. Rang zwei der roten Startnummern sichert sich Jasmin Markert (VW Schneider Polo) vor Stefan Winkler, der mit seinem Fiat 127 8V-Rang drei belegt. Frank Duscher musste sich leider bereits am Samstag mit einem Motorenproblem an seinem VW Polo 8V vom Wettbewerb abmelden.
Damit Bühne frei für die 1,6-Liter Abteilung. In dieser übernimmt Andy Heindrichs im Opel Wiebe Corsa 16V von Anfang an das Kommando, ist besonders im Nassen eine Klasse für sich, erarbeitet sich da den größten Teil seines Vorsprungs auf Sarp Bilen, der mit seinem VW Spiess Golf 2 16V Zweiter wird. Auch der Dritte setzt in seinem Opel Corsa A GSi auf Spiess-16V-Power. Der Pilot dazu ist Tobias Auchter. Die Ehrenplätze vier und fünf gehen an die Familie Fink in der Reihung Junior Markus knapp vor Papa Folker (beide Citroen C2 VTS).
Am Freitagabend war die Ausgangslage der 2000-Kubik-Abteilung für Marco Schöbel und Marcel Hellberg klar. Beide nannten den schlussendlich schnellsten des Trainings, Ralph Paulick (VW Golf 1 16V), als Favoriten, sahen in Claire Schönborn im VW Golf 1 STW die sichere Anwärterin auf Rang zwei. Den dritten Platz wollten Marco und Marcel unter sich ausfahren. Aber im Rennsport ist es ebenso wie in vielen anderen Bereichen: erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Über den Antrieb von Marcel Hellbergs VW Brügge Golf 8V fallen bereits am Samstag Technik-Gremlins her, Marco Schöbels Opel Gerent Kadett C Coupé nehmen sie sich in der zweiten Rennauffahrt vor. Das bedeutet das Aus für den schnellen Vorarlberger. Marcel Hellberg meldet seinen Golf am Samstagabend wieder als rennfertig, verbindet dies mit dem Dank an alle Helfer. Zum Rennauftakt sichert sich Claire Schönborn die klare Führung vor einem bestens aufgelegten Joachim Hummel im VW Röttele Scirocco 16V. Die drittbeste Zeit setzt Marcel Hellberg, der am Samstag nicht alle Läufe bestreiten konnte, was für einen Streckenneuling natürlich besonders bitter ist. Im zweiten, trockenen Run rechnen alle mit dem Generalangriff von Ralph Paulick. Und stellen dazu die Frage „wird der Vorsprung von Claire aus Heat eins reichen?“ Doch Claire Schönborn bleibt ihrer schnellen Linie treu, setzt erneut die Laufbenchmark. Diesmal vor Ralph Paulick und Marcel Hellberg. Die Addition weist Claire mit 5,590 Sekunden Vorsprung als Gewinnerin aus, gefolgt von Marcel Hellberg und Joachim Hummel. Ralph Paulick ist final Vierter. Position fünf sichert sich der erst 23-jährige Neueinsteiger Marvin Ruwe, der mit seinem VW Minichberger Golf 1 GTI 16V einen makellosen Job abliefert. Ihm folgt auf der Sechs Johann Hatezic. Er ist im Opel Ascona B Frank hinter Marcel Hellberg zugleich KW 8V-Trophy Zweiter seiner Klasse. Die Top-Ten komplettieren in der folgenden Reihung Josef Faber (Opel Kadett C Coupé), Mario Heß (Opel Astra GSi Schneider 16V), Thomas Claus (Opel Kadett C) und Mario Ruwe im VW Minichberger Golf 2 Gti 16V.
Michael Weber heißt der Mann der Stunde in der 3-Liter-Klasse. Im ersten Lauf setzt er mit seinem Audi 80 Quattro Turbo 1:34,742, enteilt seinem nächsten Verfolger Marcel Gapp (BMW M3 E36) um etwas mehr als drei Sekunden. In der zweiten Auffahrt kann Marcel den Audi von Michael knapp hinter sich halten, aber in der finalen Addition liegt Sieger Michael Weber 2,104 Sekunden vor BMW-Pilot Marcel Gapp. In beiden Auffahrten ist Kai Neu im Ford Focus N Sport für die drittbeste Marke zuständig. Rang drei ist seine logische Belohnung dafür. Die Positionen hinter den Podestplätzen sichern sich Nils Butz (BMW M3 E36) und Marc Längerer im VW Weißdorn Scirocco GTi Turbo. Der 3-Liter KW 8V-Trophy-Pokal geht an Werner Walser (Opel Kadett C Limo). Eine Geschichte ist noch unbedingt zu erzählen. Im Training ist Roland Christall auf der Opel Kadett C Limo Frank 8V super dabei. Am Renntag streikt die Lichtmaschine. Es wird gesucht und gefunden. Andy Heindrichs steuert das Teil bei. „Mir war eh im Training der Antriebsriemen abgesprungen. Daher brauchte ich die Lichtmaschine nicht mehr und habe sie Roland gegeben.“ Der kleine, aber entscheidende Haken an der Sache: Bis die Kadett Limousine einsatzbereit ist, ist der erste Rennlauf durch. Im zweiten setzt Roland die drittbeste Zeit. Diese bringt ihm leider nichts mehr. Da kein dritter Run stattfindet, hat er eine Auffahrt zu wenig, um gewertet werden zu können.
Patrick Orth rollt bei den Über-3-Litern ein neues Einsatzgerät an den Start. Auch das kommt aus dem Hause Porsche, ist ein GT3 ex-Cup-Auto. Allerdings nicht mehr vom Typ 997, sondern es ist ein nochmals leistungsfähigerer 991. Diesen pilotiert er prompt zum Klassengewinn vor Hauke Weber. Wobei dem aufmerksamen Leser der Resultate auffällt, dass Patrick im Nassen etwas mehr 5 Sekunden früher im Ziel ist als Hauke im Allrad-Turbo. Auf trockenem Geläuf sind die beiden nur mehr durch 46 Hundertstel getrennt, wobei der Porsche wieder der schnellere des Duos ist. Auf die dritte Stufe des Podestes steigt Pascal Ehrmann (Subaru Impreza WRX Sti). Die Plätze vier und fünf gehen an Maximilian Gast im VW Golf Turbo und Sabine Göhrig mit ihrem Ford Focus ST.
Bleibt noch die Abteilung E2-Silhouette. Im Training liegen Marco Farrenkopf mit seinem Silver Car S2 Evo und Nico Breunig (TracKing RC01) noch relativ eng zusammen. Mit dem Vorteil bei Marco. In der ersten Auffahrt des Sonntags dreht sich Nico. Damit ist die Sache entschieden. Marco Farrenkopf gewinnt klar vor Nico Breunig.
Da die KW Berg-Cup Aktiven im Feld 1 unterwegs sind und die schnellsten Schweizer Tourenwagen in den später startenden Feldern 2 und 3, finden diese wesentlich bessere Bedingungen vor, belegen deshalb sämtliche Spitzenplätze der Division 1 der Fahrzeuge mit Dach. Bester KW Berg-Cup Vertreter im Gesamt-Ranking ist Patrick Orth auf Position 24.
Von nun an geht es im 14-Tage-Rhythmus weiter, liebe NSU-Bergpokal und KW Berg-Cup Fans und Freunde. Die Stationen heißen Eichenbühl, St. Agatha und Mickhausen. Das sind genau noch drei Chancen, um prickelnden Bergrennsport und Gänsehaut-Momente live mitzuerleben. Bitte nutzt sie, wir würden uns sehr darüber freuen.