2Z6A0943Ein besseres Zusammenspiel aller Faktoren als beim „NOBLEND Automobil Bergrennen Esthofen – St. Agatha 2021“ (24.-26.09.) ist kaum vorstellbar. Die mit Herzblut und viel Mut konsequent vorbereitete Veranstaltung, die für die Bergszene in jeder Hinsicht wie ein Befreiungsschlag von den Fesseln der Corona-Pandemie wirkte, wurde bei besten äußeren Bedingungen vor einer Heerschar begeisterter Fans, die ein auch qualitativ hochwertiges 180-Auto-Feld genießen durften, perfekt durchgezogen. Alle Vorfälle, bei denen niemand Blessuren erlitt, wurden von der Mannschaft des MSC Rottenegg um Orga-Chef Markus Altenstrasser und Rennleiter Alfred Fischer flott abgearbeitet. Der Zeitplan, der wie beim Event in Oberösterreich üblich zwei Trainingsläufe ab Samstagmittag sowie einen am Sonntagvormittag, gefolgt von den beiden Race-Heats, beinhaltete, geriet bei jeweils auf die Sekunde genauem Beginn nie ins Wanken. Zum Sahnehäubchen gestalteten sich einmal mehr die Rückführungen über die flüssig-schnelle 3,2-Kilometer-Piste, in deren Rahmen sich die Fans, die sich äußerst diszipliniert verhielten, die Fahrbahn mit den talwärts rollenden Rennautos, darunter 52 mit KW Berg-Cup und NSU-Bergpokal Aktiven besetzte, teilen durften. Mehr an Nähe und Emotion geht nicht, es sind Gänsehaut erzeugende Momente, die sich tief im Gedächtnis verankern.

Die Action selbst fand natürlich bergwärts statt. Wir folgen ihr nun hautnah im in Österreich etwas anderen Ablauf der Klassen. Gleich nach den Teilnehmern der Histo-Meisterschaft stehen die NSU-Piloten vor der Startampel. Die Abteilung der Luftgekühlten ist in St. Agatha fünf Autos stark. Zu vier eingeschriebenen Akteuren gesellt sich als Gaststarter der Österreicher Martin Kogler, der mit seinem TT im Laufe des Wochenendes immer besser zurecht kommt. Im ersten Probegalopp noch Vierter, arbeitet er sich bis zum Rennende auf Schlussrang zwei nach vorne. Dem vorausgegangen ist ein Duell mit Thomas Krystofiak, der zwar mit seinem 1200C im Finale die schnellere Laufzeit setzt, in der Addition aber 0,643 Sekunden hinter Gast Martin Kogler Dritter wird. An der Spitze nichts Neues, Uwe Schindler gewinnt mit großem Vorsprung, er darf sich auch über den Jahressieg im NSU-Bergpokal 2021 freuen. Die Plätze vier und fünf gehen an Volker Angelberger und Roman Szott, die damit in der genannten Reihenfolge auch für die NSU-Bergpokal Klassik-Wertung punkten.

 

Und schwuppdiwupp, schon ziehen die E1-1400er vom Vorstart zum Startbogen vor. Armin Ebenhöh setzt im VW Minichberger Scirocco 16V in allen Probe-Heats die Benchmark. Am Samstag klebt ihm noch Dominik Schlott im VW Schneider Polo 16V dicht an den Fersen, im zweiten Run fehlen ihm nur 23 Hundertstelsekunden auf Armin. Allerdings bereitet der Motor anschließend Sorgen, der zweite Zylinder hat abgemagert, verweigert als Folge die weitere Mitarbeit. So bleibt nach einem bis dahin herzerfrischenden Auftritt nur die verfrühte Abreise. Im Rennen stürmt Armin Ebenhöh an die Spitze, gefolgt von Franz Weißdorn im VW Polo 16V. Dahinter reiht sich schon der schnellste 8-Ventiler ein. Das ist mit seinem VW Schneider Polo Nils Abb. Damit ist die Podiumsbesetzung gefunden, die geschilderte Formation aus Run eins hat Bestand. Frank Lohmann hatte nach dem ersten Lauf Position fünf inne. Doch im Zielbereich fährt er über irgendetwas drüber. Das nimmt die vordere rechte Radaufhängung übel, ein Teil bricht. Das kann zwar provisorisch so geschweißt werden, dass der Steilheck Polo zurück ins Fahrerlager rollen kann. Zum Rennen fahren taugt die Express-Reparatur allerdings nicht. Echt hart trifft es auch Gerhard Moser. Am Samstag bei den ersten Ausfahrten des grundlegend revidierten VW Polo 16V unter den zwölf Startern noch starker Fünfter, verraucht am Sonntag dann in Übungslauf drei die Zylinderkopfdichtung im wahrsten Sinne des Wortes spektakulär, der grüne Polo ist kurz in einen kompletten Nebelschleier gehüllt. Und noch einen 1400er-Renner zieht die Defekthexe schon vor dem Sonntags-Mittagsläuten aus dem Verkehr. An Nico Müllers VW Polo 16-Ventiler zerbröselt der Antrieb, abgebrochene Teile schwimmen im Getriebe. Kurz wird ein Wechsel der kompletten Schalteinheit ins Auge gefasst, wegen Zeitmangel wird dieser Gedanke aber wieder verworfen. St. Agatha 2021 scheint kein gutes Pflaster für grüne Polos zu sein. Damit wieder zurück zum Renngeschehen. Thomas Pröschel pilotiert den VW Schneider Corrado auf den vierten Rang, Platz fünf schnappt sich im Fiat 127 Stefan Winkler. Auf dem 1,4-Liter KW 8V-Podium steht als Gewinner Nils Abb, neben ihm als Zweiter Stefan Winkler. Platz drei holt sich bei seinem allerersten Bergrennen der 24-jährige Daniel Schuster  aus Waizenkirchen (VW Polo), für den St. Agatha sein absoluter Heim-Grand-Prix ist.

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Die 1600er-Abteilung macht es im vorderen Feld spannend, die Zeitabstände sind eng. Als Favorit empfiehlt sich der Niederösterreicher Rene Warmuth im VW Polo 16V, dem ex-Auto von Manfred Aflenzer. Er holt die imaginäre Poleposition vor Andy Heindrichs (Opel Wiebe Corsa 16V) und Stefan Faulhaber im Opel Minichberger Kadett 16V. Der erste Renn-Spitzenreiter heißt Rene Warmuth. Allerdings liegt er lediglich 0,863 Sekunden vor Andy Heindrichs, dem Stefan Faulhaber und Christian Schneider (Peugeot 205) an der Pelle kleben. Die Jungs auf den Positionen zwei bis vier liegen in einem Zeitfenster von 0,857 Sekunden zusammen. Das Finale mutiert zum Krimi. Rene Warmuth zieht alle Register, sichert sich mit 1:20,947 den Gewinn der Klasse. 1,792 Sekunden hinter ihm wird Andy Heindrichs starker Zweiter. Stefan Faulhaber kann die Schlussattacke von Christian Schneider auf Position drei nicht kontern, als Vierter verpasst er das Siegerstockerl um gerade mal 303 Tausendstel. Wolfi Glas (VW Minichberger Golf 16V) beendet sein St. Agatha Wochenende auf Rang fünf. Um diesen muss er hart fighten. Aber er bleibt cool, kann sich in beiden Läufen knapp vor seinem nächsten Verfolger halten. In der Addition gibt das 0,162 Sekunden Vorsprung zu Gunsten von Wolfi Glas. Kein Glück hat Sarp Bilen. Schon im ersten Race-Heat zieht die Defekthexe seinen VW Golf 2 GTi aus dem Verkehr.

36 Teilnehmer tummeln sich in der E1-Hubraumabteilung bis 2000 Kubikzentimeter. Schon in den Trainingssitzungen geht es ereignisreich zu. Tom Strasser bremsen in der ersten Auffahrt Zündaussetzer verursachende Elektronikprobleme ein, es dauert ein wenig, bis sein VW Minichberger Scirocco 16V wieder einwandfrei funktioniert. Franz Probst, im VW Allrad-Turbo-Golf Mitfavorit, rauscht im letzten Übungslauf kurz vor dem Ziel vehement ins Maisfeld. Bis zum Rennbeginn ist die lädierte Golf-Front ausgebügelt. Aber es scheint, dass ihm der Ausrutscher etwas den Zahn gezogen hat. Mittlerweile hat sich Jürgen Halbartschlager im VW Golf 1 Evo groß in Szene gesetzt, am Sonntagvormittag glänzt er mit einer 1:18,347. Damit rangiert er 2,238 Sekunden vor Thomas Strasser. Von diesem bis zum fünftschnellsten Franz Probst beträgt der Abstand weniger als acht Zehntelsekunden. In diesem engen Fenster liegen dann auch noch Roland Eder (VW Scirocco/TP3) und Erwin Buck (VW Spiess Scirocco/TP4). In der Startabfolge fahren die KW Berg-Cup Teilnehmer zuerst, dann folgen die Österreicher. Tom Strasser übernimmt die Führung 0,326 Sekunden vor Erwin Buck. Es folgen Roland Eder, Manuel Michalko (Citroen Saxo Turbo), Franz Probst, Heiko Fiausch (Opel Astra), Michael Emsenhuber (VW Corrado 16V), Lars Heisel (Opel Böhm Kadett), Norbert Wimmer im BMW 2002 und Hermann Blasl mit seinem Opel Gerent Kadett. Jürgen Halbartschlager hat die Fahrbahn unfreiwillig verlassen, ist out of Race. Der Führende liegt 0,895 Sekunden vor dem Vierten. Es ist noch nichts entschieden, es gilt weiterhin voll zu attackieren, für Fehler ist dabei kein Spielraum. Das Spitzentrio meistert diese Aufgabe perfekt. Es ist ein Scirocco Dreifacherfolg in der Reihung Tom Strasser, Erwin Buck und Roland Eder. Hinter den Genannten gibt es Umsortierungen. Die Defekthexe schlägt bei Manuel Michalko zu, Heiko Fiausch onduliert das Astra-Heck heftig, Lars Heisel strandet mit gerissenem Gaszug. Franz Probst kommt auf die Vier nach vorne, Michael Emsenhuber erkämpft sich mit viel Einsatz Platz fünf. Rang sechs schnappt sich Norbert Wimmer, Hermann Blasl driftet auf die Sieben nach vorne. Als starker Achter schafft Roland Christall im Opel Ascona B den Sprung unter die Top Ten, Patrick Mayer (VW Golf 16V/P9) und Michael Dandl (P10) glänzen ebenfalls mit Spitzenplätzen. In der teilnehmerstärksten Klasse sind die KW 8V-Trophy Piloten ganz weit vorne zu finden, beeindrucken mit ihrem Potential. Die Gewinner der Podestplätze Norbert Wimmer, Roland Christall und Michael Dandl (BMW 320) gehören zu den besten Zehn. Alex Pleier fährt auf Klassenposition elf, Michael Rauch beendet den Wettbewerb auf der Vierzehn und Josef Faber (alle Opel Kadett C Coupé) auf der Einundzwanzig. Kein Rennglück haben in St. Agatha Hansi Eller und Jens Weber. Bei Hansi, der im VW Golf 16V von Markus Reich unterwegs ist, zickt die Elektrik. Nach Lauf eins, den er auf Rang dreizehn beendet hat, sind Kabel angeschmort. Und am Kadett von Jens arbeiten nicht alle Zylinder. Versuche, den Fehler auszumerzen, scheitern. Er muss in der ersten Renn-Auffahrt die Segel streichen.

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Oberhalb 2000 Kubik gibt es in Österreich nur mehr eine Klasse. Und die ist richtig stark, zum Bersten gefüllt mit sage und schreibe 26 Autos. Die meisten davon sind echte PS-Protze, verfügen über Allrad und Turbopower. Rund 750 Pferdestärken sind es beim Gewinner. Das ist Nationalheld Karl Schagerl, der mit seinem VW Golf R TFSI in 1:10,503 einen neuen Tourenwagenrekord in den St. Agatha Asphalt fräst. Das entspricht einem Stundenmittel von knapp 165 km/h. Auch seine Podestkollegen brauchen über Leistungsmangel nicht zu jammern. Reto Meisel belegt im Mercedes Benz SLK 340 Platz zwei, Karl Werner mit seinem Audi S2-R Quattro Rang drei. Lassen wir die Klasse gemäß der Tageswertung bestehen, freuen wir uns mit Michi Bodenmüller über Position sechs und mit Jochen Stoll über Platz zehn. Splitten wir das Feld gemäß KW Berg-Cup Ausschreibung auf, gratulieren wir in der Abteilung bis 3000 Kubik Michi Bodenmüller im Opel Gerent Kadett Coupé zum Sieg, den er vor Bernhard Permetinger, der in St. Agatha mit seinem BMW M3 E30 unterwegs ist, und Marcel Gapp (BMW M3 E36) einfährt. Rang vier belegt Christian Auer (BMW M3 E30), Fünfter ist Michael Weber. Der freut sich riesig, endlich wieder ein Rennen ohne technische Probleme am Audi 80 Quattro durchgefahren zu sein. „Wenigstens einer hat durchgehalten“ sagt er bei der letzten Talfahrt. Leider hat sein Junior Hauke dieses Glück nicht. In Lauf eins noch vor dem Papa liegend, reißt im zweiten Race-Heat ein Kugelkopf der Schaltübertragung ab. Das ist das Aus für ihn. Werfen wir noch einen kurzen Blick in das Haifischbecken, in dem die Boliden mit mehr als 3 Liter Hubraum nach Beute jagen. Unter den PS-Monstern erzielen die KW Berg-Cup’ler Achtungserfolge. Jochen Stoll im Porsche 911 GT3 als Neunter, Stefan Hetzenauer (Subaru Impreza) auf Rang zwölf und Sabine Röck mit ihrem VW Golf Turbo als Vierzehnte.

So, werdet ihr, liebe Leser, nun fragen: „Was ist denn mit der Gruppe F/CTC, war aus der niemand am Start oder soll die jetzt hier einfach unterschlagen werden?“ Bitte keine Aufregung, sie waren dabei und es wird selbstredend über sie berichtet. Aber wie hatten ja erwähnt, dass in Österreich die Startreihenfolge anders ist. Nach den E1-Tourenwagen fährt die Gruppe N. Danach die Gruppe A, in deren Klassen die KW Berg-Cup Teilnehmer, deren Autos nach den Technik Regeln der Gruppen F/CTC vorbereitet sind, mit eingestuft wurden. Da gibt es zum einen die Abteilung bis 2000 Kubik, die Chris-Andre Mayer im Honda Civic Type R gewinnt. Es ist ein sehr knapper Erfolg, denn nur 0,902 Sekunden zurück ist Markus Goldbach (Renault Mégane Coupé) Zweiter. Dicht gefolgt vom drittplatzierten Kai Neu mit seinem Ford Focus ST 170. Dicht gefolgt heißt im Klartext: 328 Tausendstel hinter Markus zurück. Ganz da vorne können unsere KW Berg-Cup 1600er naturbedingt nicht mitmischen. In der Tageswertung belegen sie in der Reihenfolge Ronny Hering (VW Scirocco Gr.2), Lukas Friedrich (Honda Civic) und Markus Fink (Citroen C2 VTS) die Ränge fünf, sechs und acht. Damit habt ihr auch das für die Punktevergabe herangezogene 1600er-Ranking.

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Über 2-Liter gibt es im KW Berg-Cup und in Österreich keine Unterteilung mehr. Die Kräfteverteilung auf den Podiumsplätzen ist das ganze Wochenende über geregelt. Im Mitsubishi Lancer Evo 9 diktiert Jürgen Plumm das Geschehen klar, gefolgt von Roland Hartl (Mitsubishi Lancer Evo 6) und dem besten „Zweiradler“ dieser Klasse, Das ist Pascal Ehrmann mit seinem Peugeot 207 RC. Der muss allerdings um seinen dritten Rang hart kämpfen, denn Markus Stingl macht ihm im Renault R11 Turbo das Rennfahrerleben schwer. 63 Tausendstel geben schlussendlich den Ausschlag zu Gunsten von Pascal Ehrmann. Weil sein Mitsubishi Lancer Evo 10 immer noch Primadonna spielt, muss Hans-Joachim Brett auch in St. Agatha auf das BMW Z4 M Coupé zurückgreifen. Und damit auf ein Gruppe-G-Auto, mit dem er sich Position fünf sichert.

Bleiben uns noch die E2-Silhouetten-Renner. Bei unseren rot-weiß-roten Nachbarn gibt es da eine Trennlinie bei 2000 Kubik. Lassen wir die bestehen, sind sowohl Ralf Kroll im Silver Car S2G Evo und Jörg Weidinger, der Bernhard Permetingers BMW Z4 GT3 zwecks Berg-Weiterentwicklung testet, Klassensieger. Legen wir die Klassen KW Berg-Cup konform zusammen, gewinnt Jörg Weidinger vor Ralf Kroll in einem elf Fahrzeuge umfassenden Feld.

Die herausragenden Leistungen der KW Berg-Cup’ler in der Deutschen Automobil-Bergmeisterschaft und im DMSB-Berg-Cup der Tourenwagen haben wir bereits in den St. Agatha-Kurzbericht mit einfließen lassen. Da bleibt uns nur, nochmals ganz herzlich zu gratulieren. Armin Ebenhöh zum Meisterschafts-Tripple 2015, 2018 und 2021. Erwin Buck zur Vizemeisterschaft und Jürgen Plumm zu Platz drei in der DBM. Sonderapplaus bekommt Erwin Buck für den Gewinn des DMSB-Tourenwagen Berg-Cups. In diesen Schlussapplaus schließen wir alle mit ein, die in dieser schwierigen Saison mit an Bord des KW Berg-Cups und NSU-Bergpokals waren. Wir vom Orga-Team dieser beiden traditionellen Rennserien im Bergrennsport hoffen, nächstes Jahr wieder Meisterschaften mit mehr Gipfelsprints bieten zu können. Das ist das Ziel, an dem wir arbeiten.





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